Navigation und Service

Interview mit dem Leiter für Schifffahrt beim WSA über die Situation, dass derzeit Sport- und Berufsschifffahrt in den Kieler Schleusen zusammen in einer Kammer abgefertigt werden müssen

Es müssen immer mal wieder Sportschifffahrt und Berufsschifffahrt gemeinsam durch eine große Schleusenkammer geschleust werden. Dann ist besondere, gegenseitige Rücksichtnahme gefordert. Unter dem Aspekt »Nehmt Rücksicht« hat 2012 der Journalist Marc Bielefeld mit dem Leiter Schifffahrtswesen beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Nord-Ostsee-Kanal, über geschlossene Schleusen, Wartezeiten und das Miteinander von Yachten und dicken Pötten gesprochen. Nachstehend sein Text:

Text von Marc Bielefeld / www.beschreiber.de

Was wird für diese spezielle Situation getan?

Wir haben die Beschilderung und die Befenderung verbessert, also die Reibehölzer an den Schleusenkanten. Und wir versuchen, den Schraubenstrom der Berufsschiffe so gering wie möglich zu halten. Wenn es technisch möglich ist, ihn sogar abzustellen. Auf der Elbe und in der Kieler Förde werden die Berufsschiffe zudem vorab darauf hingewiesen, dass auch Sportboote in den großen Schleusen in Kiel mit durch gehen. Unser Anliegen an alle: Nehmt Rücksicht aufeinander!

Was bedeutet das für die Sportboote?

Unsere wichtigste Bitte an die Skipper: Abstand zu den großen Schiffen halten! Das wird immer wieder vernachlässigt. Darüber hinaus gelten die üblichen Regeln. Signale und Beschilderung beachten, Wartebereiche aufsuchen und den Funk abhören.

Worauf sollen die Berufsschiffe achten?

Wir sagen ihnen: Habt Verständnis für die Kleinen.

Und wie sieht das in der Praxis aus?

Sie sollen wissen, dass Sportbootführer oft nicht so viel Erfahrung haben. Darum sollen die Kapitäne und Lotsen mit Fehlern rechnen, sich darauf einstellen und für jede Situation einen Plan B haben. Wenn sie etwa eine Yacht vor der Einfahrt sehen, obwohl die da nicht hingehört, sind sie angehalten die Fahrt stärker als normal zu drosseln. Wobei die großen Frachter und Dampfer aber eine gewisse Mindestgeschwindigkeit brauchen, um manövrieren zu können beim Einlaufen.

Können die Großen ihre Maschinen nicht deutlich drosseln?

Die großen Schiffe, die bei uns durchgehen, haben eine Antriebsleistung von bis zu 20.000 Kilowatt, auf zwei Schrauben verteilt. Damit kann man aber auch sensibel umgehen und die Leistung beim Losfahren nicht gleich hochfahren. Genau darum bitten wir die Berufsschiffe.

Was sollten die Segler beim Nutzen der Großen Schleusen wissen und beachten?

Sie sollen unbedingt nur in den vorderen und hinteren Bereichen der Schleusen festmachen, die deutlich gekennzeichnet sind. Die Halteverbote in der Kammermitte sind ebenfalls klar markiert. Dort bitte nicht festmachen, die Befenderung ist nicht dafür ausgelegt, auch sind dort keine Gummimatten zum sicheren Begehen angebracht. Dort kann es rutschig sein, es gibt Stolperstellen.

Was zählt noch?

Unbedingt beachten, was der Schleusenmeister per Funk oder Mikro durchgibt: ganze nach vorne durchfahren, aufschließen oder auch mal im hinteren Teil der Schleusenkammer bleiben. Die Schleusenmeister versuchen immer, die beste Lösung für die jeweilige Situation zu bieten.

Wie können Segler wissen, auf welcher Seite sie die Fender ausbringen sollen? Wer allein ist, kann oft nicht so schnell reagieren.

Auf welcher Seite der Schleuse die Sportboote festmachen sollen, wird in der Regel vom Schleusenmeister nicht angewiesen – nur für die Berufsschiffe. In der Regel machen die Sportboote am besten auf der Seite fest, wo keine Berufsschiffe liegen. Aber im Prinzip steht es ihnen frei. Wenn genug Platz ist, kann man durchaus an seiner Schokoladenseiten anlegen. Es sei denn, es gibt bestimmte Anweisungen.

Welche Tipps haben sie für Sportboote, wenn sie durch den Schraubenstrom eines Berufsschiffs einfahren müssen? Oft genug bekommt man diesen Sog deutlich zu spüren, das Schiff schlingert. Nicht gerade schön.

Auch beim Einfahren in die großen Kammern sollten Sportboote möglichst viel Abstand zum großen Dampfer halten. Die Schraubenkraft nimmt mit jedem Meter deutlich ab.

Aber man will ja auch etwas Spielraum zur Schleusenkante haben.

Ein bisschen Raum zum Vertreiben sollte man lassen. Ich würde aber trotzdem mit deutlichem Abstand zum Berufsschiff einfahren. Manchmal kann man auch mit Vorhaltewinkel ausgleichen, aber es kommt natürlich immer auf die Situation und die Schiffe an. Vor allem: Niemals hinter einem Dampfer mit eingeschaltetem Verstellpropeller liegenbleiben. Wenn dieses Schiff losfährt, kann es ein Sportboot unter Wasser drücken.

Wie bitte?

Wenn beim Losfahren Last auf die Schrauben kommt, wird so viel Wasser aufgewirbelt, das überspült jedes normale Sportboot.

Auch eine 12-Meter-Yacht?

Ja, der normale Ablegeschub könnte so ein Boot mit runterreißen. Darum achten die Schleusenmeister besonders darauf, dass alle Sportboote raus sind, bevor die Großen losfahren. Aber die müssen ihren Schraubenstrahl sowieso auf ein Minimum reduzieren – das besagt die Schleusenbetriebsverodnung. Sonst können wir für die Berufsschiffe Strafen verhängen.

Wie sieht es mit Wartezeiten aus?

Das hängt immer vom Betrieb ab und davon, wie wir den Schleusenverkehr am effektivsten und schnellsten regeln können. In Kiel-Holtenau an der Sportbootwartestelle am Nordufer hängt auch eine Wechseltextanzeige an der Informationen für Sportboote angezeigt werden. Den Sportbooten werden Wartezeiten auf Anfrage auch gern per Funk durchgegeben. Aber auch hier gilt: Bitte den Funk erst mal mithören. Wenn ein Konvoi von Sportbooten an den Schleusen wartet, behindert es nur, wenn jeder einzelne fragt – »wie lange dauert’s noch?«

Wie lange sind die Wartezeiten?

Das können schon mal anderthalb Stunden sein. Wenn die Möglichkeit besteht, werden die Sportboote aber auch schnell und allein in eine Schleusenkammer gelassen. Das macht es für alle leichter. Aber das geht eben nicht immer. Darum noch mal unsere wichtigsten Bitte an alle: Verständnis zeigen, Rücksicht nehmen – und Abstand halten.

Zurück zum Thema: