Wiedereröffnung des historischen Amtsgebäudes
im August 2015
Text: Dipl.-Ing. Architekt Nico Versace
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Auf der an den Nord-Ostsee-Kanal angrenzenden Schleuseninsel Kiel-Holtenau befindet sich das 1895 errichtete, denkmalgeschützte Amtsgebäude des Wasser- und Schifffahrtsamtes. Zuletzt erfüllte dieses nicht mehr die Anforderungen an ein modernes Büro- und Verwaltungsgebäude, so dass 2009 ein Realisierungswettbewerb ausgelobt wurde, um eine denkmalgerechte Sanierung des Altbaus zu gewährleisten und um die auf der Insel verstreuten Funktionen in einem Neubau zusammenzuführen.
Ein wesentliches Merkmal des neuen städtebaulichen Konzepts auf der Schleuseninsel sollte die bauliche Ergänzung des denkmalgeschützten Altbaus durch einen ebenso wertigen und selbständigen, aber nicht dominierenden Neubau darstellen. Mit ihrem Entwurf für den Neubau ging die pbr AG 2009 als Erstplatzierte aus dem Wettbewerb hervor und realisierte die Maßnahmen als Gesamtplaner. So ist ein Neubau mit kubischer Formgebung, geneigten Traufen sowie prägnanter Dachlandschaft und teilweise überhängende geneigten Außenwänden an der Ost- und Westfassade entstanden. Durch die besondere Formgebung der Wände und Dachflächen setzt dieser einen die heutige Epoche kennzeichnenden Gestaltungsaspekt auf der Schleuseninsel und schafft auf diese Weise den gewünschten architektonisch sichtbaren Gegensatz zum denkmalgeschützten Altbau. Die besondere kubische Form spielt mit der Assoziation eines Schiffes und fordert ein Sonderformat sowie individuell angepasste Ecksteine. Um in Farbigkeit und Haptik dem Altbau zu entsprechen und sich an der ortstypischen Architektursprache zu orientieren, wurde bewusst Klinker als Fassadenmaterial gewählt. Trotz der besonderen Formgebung fügt sich der Neubau harmonisch in die Umgebung ein.
Über einen transparenten Zwischenbau werden Alt- und Neubau miteinander verbunden. Die zum Atrium geneigte Außenwand des Neubaus erhielt ein Wärmedämmverbundsystem, das mit dem Original-Klinker verblendet worden ist. Das helle und freundliche Atrium dient als Haupteingang für beide Gebäude und erhielt einen Aufzug zur behindertengerechten Erschließung sowie eine zentrale offene Treppenerschließung. Die Verschattungselemente des Atriums sind das Ergebnis eines Kunst-am-Bau-Wettbewerbs.
Der Altbau, ein zweigeschossiges Amtsgebäude aus dem Jahr 1895, wurde seinerzeit auf einer Pfahlgründung mit tragenden Wänden aus Mauerwerk errichtet und sollte weitestgehend erhalten bzw. in den ursprünglichen Zustand aus der Entstehungszeit zurückversetzt werden. Hierfür wurden die nachträglich eingebauten Dachgauben auf der Ostseite zurückgebaut und in Abstimmung mit dem Denkmalschutz sowie in Anlehnung an den ehemaligen Bestand auf der Nord- und Südseite als historische Dreiecksgauben zur Dachbodenbelichtung wieder aufgebaut. Ebenfalls gemäß dem Bestand von 1895 wurden die Dachflächen neu geschalt und mit klassischen Schieferplatten neu eingedeckt.
Die Fassade, geprägt durch den repräsentativen wilhelminischen Ziegelstein im reinen Kopfverband, galt es zu bewahren, so dass lediglich einzelne Steine im Mauerwerk sowie an den Gesimsen und Fensterbänken erneuert wurden. Die vorhandenen ungeteilten Kunststoff-Fenster wurden in Absprache mit dem Landesamt für Denkmalpflege durch klassische zweiflügelige Holzfenster ausgetauscht. In Anlehnung an die für die Entstehungszeit typisch nach außen zu öffnenden Fenster lassen sich auch die neuen, wärmegedämmten Fenster wieder nach außen öffnen.
Eine besondere Herausforderung lag darin, den historischen Grundriss wieder zu beleben, diesen jedoch mit den einem modernen Verwaltungsgebäude angemessenen Funktionen zu belegen. Um die originalen Raumzuschnitte wiederherzustellen, wurde die in den 50er Jahren nachträglich eingebaute Zwischenebene zurückgebaut und das Dachgeschoss in Anlehnung an die Ursprungszeit vollständig aus der Nutzung herausgenommen. Ein besonderes Anliegen war es, den historischen Sitzungssaal wieder in den baulichen Zustand zurückzuführen. Auf der Basis von Farbbefundungen konnte die historische Farbgebung aus der Entstehungszeit nicht nur in diesem Raum, sondern auch im Flur festgestellt und neu interpretiert werden. Anstelle der gemalten Holzvertäfelung im Sitzungssaal wurde eine echte Holzvertäfelung, die gleichzeitig als Akustikelement dient, angebracht. Ferner wurden der Holzfußboden und die Tür in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege erneuert. Die Büroräume wurden mit strapazier- und ableitfähigen textilen Bodenbeläge ausgebessert, während in den Fluren und Treppenhäusern die historischen Terrazzo-Bodenbeläge ausgebessert und bereichsweise erneuert werden konnten. Durch den Einbau verglaster Brandschutztüren wurde das Treppenhaus zu einem notwendigen Treppenhaus umgebaut.
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Farbfotos: Ulrich Hoppe, Hamburg
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Bilder pressefrei, Urheber WSA Kiel-Holtenau